type | fiction |
booktitle | Simplicius Simplicissimus |
author | Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen |
year | 1975 |
publisher | Deutscher Taschenbuch Verlag |
address | München |
isbn | 3-538-05098-8 |
title | Simplicius Simplicissimus |
sender | gerd.bouillon@t-online.de |
firstpub | 1667 |
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Das 14. Kapitel
Was Simplicius ferner für ein edel Leben geführt, und wie ihn dessen die Kroaten beraubt, als sie ihn selbst raubten
Von dieser Zeit an besaß ich meines Herrn Gnad, Gunst und Lieb vollkommenlich, dessen ich mich wohl mit Wahrheit rühmen kann; nichts mangelt' mir zu meinem bessern Glück, als daß ich an meinem Kalbskleid zu viel und an Jahren noch zu wenig hatte, wiewohl ich solches selbst nicht wußte; so wollte mich der Pfarrer auch noch nicht witzig haben, weil ihn solches noch nicht Zeit und seinem Nutzen verträglich zu sein bedünkte. Und demnach mein Herr sah, daß ich Lust zur Musik hatte, ließ er mich solche lernen und verdinget' mich zugleich einem vortrefflichen Lautenisten, dessen Kunst ich in Bälde ziemlich begriff, und ihn um soviel übertraf, weil ich besser als er darein singen konnte: Also dienete ich meinem Herrn zur Lust, Kurzweil, Ergötzung und Verwunderung. Alle Offizier erzeigten mir ihren geneigten Willen, die reichsten Bürger verehrten mich, und das Hausgesind neben den Soldaten wollten mir wohl, weil sie sahen, wie mir mein Herr gewogen war; einer schenkte mir hier, der ander dort, denn sie wußten, daß Schalksnarren oft bei ihren Herren mehr vermögen, als etwas Rechtschaffenes, und dahin hatten auch ihre Geschenk das Absehen, weil mir etliche darum gaben, daß ich sie nicht verfuchsschwänzen sollte, andere aber eben deswegen, daß ich ihretwegen solches tun sollte; auf welche Weis ich ziemlich Geld zuwegen brachte, welches ich mehrenteils dem Pfarrer wieder zusteckte, weil ich noch nicht wußte, wozu es nutzete. Und gleich wie mich niemand scheel ansehen durfte, also hatte ich auch von nirgends her keine Anfechtung, Sorg oder Bekümmernis; alle meine Gedanken legte ich auf die Musik, und wie ich dem einen und dem andern seine Mängel artlich verweisen möchte; daher wuchs ich auf wie ein Narr im Zwiebelland, und meine Leibskräfte nahmen handgreiflich zu; man sah mir in Bälde an, daß ich mich nicht mehr im Wald mit Wasser, Eicheln, Buchen, Wurzeln und Kräutern mortifizierte, sondern daß mir bei guten Bißlein der rheinische Wein und das hanauische Doppelbier wohl zuschlug, welches in so elender Zeit für ein große Gnad von Gott zu schätzen war, denn damals stand ganz Teutschland in völligen Kriegsflammen, Hunger und Pestilenz, und Hanau selbst war mit Feinden umlagert, welches alles mich im geringsten nicht kränken konnte. Nach aufgeschlagener Belagerung nahm sich mein Herr vor, mich entweder dem Kardinal Richelieu oder Herzog Bernhard von Weimar zu schenken, denn ohne daß er hoffte einen großen Dank mit mir zu verdienen, gab er auch vor, daß ihm schier ohnmöglich wäre, länger zu ertragen, weil ich ihm seiner verlornen Schwester Gestalt, der ich je länger je ähnlicher würde, in so närrischem Habit täglich vor Augen stellte; solches widerrief ihm der Pfarrer, denn er hielt dafür, die Zeit wäre kommen, in welcher er ein Mirakel tun und mich wieder zu einem vernünftigen Menschen machen wollte; gab demnach dem Gubernator den Rat, er sollte ein paar Kalbfell bereiten und solche andern Knaben antun lassen, hernach ein dritte Person bestellen, die in Gestalt eines Arzts, Propheten oder Landfahrers mich und bemeldte zween Knaben mit seltsamen Zeremonien ausziehe, und verwenden, daß er aus Tieren Menschen und aus Menschen Tiere machen könnte, auf solche Weis könnte ich wohl wieder zurechtgebracht und mir ohne sonderliche große Mühe eingebildet werden, ich sei wie andere mehr wieder zu einem Menschen worden: Als sich der Gubernator solchen Vorschlag belieben ließ, kommuniziert' mir der Pfarrer, was er mit meinem Herrn abgeredt hätte, und überredet' mich leicht, daß ich meinen Willen darein gab. Aber das neidige Glück wollte mich so leichtlich aus meinem Narrnkleid nicht schliefen, noch mich das herrliche gute Leben länger genießen lassen; denn indem als Gerber und Schneider mit den Kleidern umgingen, die zu dieser Comoedia gehörten, terminierte ich mit etlich andern Knaben vor der Festung auf dem Eis herum; da führt', ich weiß nicht wer, ohnversehens eine Partei Kroaten daher, die uns miteinander anpackten, auf etliche leere Baurenpferd setzten, die sie erst gestohlen hatten, und miteinander davonführten. Zwar stunden sie erstlich im Zweifel, ob sie mich mitnehmen wollten oder nicht? bis endlich einer auf böhmisch sagte: »Mih weme doho blasna sebao, bo wedeme ho gbabo Obersto vi.« Dem antwort ein anderer: »Prschis ambambo ano, mi ho nagonie possadeime, wan rosumi niemezki, won bude mit kratock ville sebao.« Also mußte ich zu Pferd, und innewerden, daß einen ein einzig unglückliches Stündlein aller Wohlfahrt entsetzen und von allem Glück und Heil dermaßen entfernen kann, daß es einem sein Lebtag nachgehet.