type | tractate |
author | Samuel Hahnemann |
title | Organon der Heilkunst |
publisher | Dresden und Leipzig, in der Arnoldischen Buchhandlung |
printrun | Vierte verbesserte und vermehrte Auflage |
year | 1829 |
corrector | Josef Muehlgassner |
sender | www.gaga.net |
created | 20140220 |
projectid | 80552ff0 |
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§ 240–251. Gebrauchsart der Heilmittel.
§. 240.
Nachdem wir nun gesehen haben, welche Rücksicht man bei der homöopathischen Heilung auf die Hauptverschiedenheiten der Krankheiten und auf die besondern Umstände in denselben zu nehmen hat, so gehen wir nun zu dem über, was von den Heilmitteln und ihrer Gebrauchsart, so wie von der dabei zu beobachtenden Lebensordnung zu sagen ist. Jede merklich fortgehende und immer, obschon nur um Weniges, zunehmende Besserung in einer schnellen (acuten) oder anhaltenden (chronischen) Krankheit ist ein Zustand, der, so lange er anhält, jede fernere Wiederholung irgend eines Arzneigebrauchs durchgängig ausschließt, weil alles Gute, was die genommene Arznei auszurichten fortfährt, noch nicht vollendet ist. Jede neue Gabe irgend einer Arznei, selbst der zuletzt gegebnen, bisher heilsam sich erwiesenen, würde das Besserungswerk stören.
§. 241.
Diese Erinnerung ist um so wichtiger und nöthiger, da wir von keiner Arznei, auch in großer Gabe eingenommen, die genauen Gränzen ihrer Wirkungsdauer, nicht einmal im gesunden Körper, mit Gewißheit bestimmen können, unmöglich aber von den so kleinen Gaben zu homöopathischem Gebrauche in so verschiednen Krankheiten Von den acutesten an bis zu den langwierigsten – indem, wie schon oben erinnert, die Wirkungs-Dauer einer homöopathischen Arzneigabe sich nach der Wirkungs-Dauer der jedesmaligen Krankheit richtet und daher bei den acutesten in wenigen Stunden auswirkt, während ebendasselbe mehre Wochen braucht, um in den langwierigsten Krankheiten ihre Wirkung zu vollenden. und bei Kranken von so sehr verschiedner Körperanlage.
§. 242.
So lange also die fortschreitende Besserung auf eine zuletzt gereichte Arzneigabe dauert, so lange ist auch anzunehmen, daß, wenigstens in diesem Falle, die Wirkungs-Dauer der helfenden Arznei noch anhält, und daher jede Wiederholung irgend einer Arzneigabe verbietet.
§. 243.
Hiezu kommt, daß, wenn das Mittel angemessen homöopathisch wirkte, der gebesserte Zustand auch noch nach Verfluß der Wirkungsdauer merklich bleibt. Das gute Werk wird nicht gleich unterbrochen, wenn auch mehre Stunden – ja, bei chronischen Krankheiten, mehre Tage – nach Verfluß der Wirkungsdauer der vorigen Arznei noch keine zweite Gabe Arznei gereicht wird. Der schon vernichtete Theil der Krankheit kann sich indeß nicht wieder erneuern, und die Besserung würde auch ohne neue Arzneigabe immer noch eine beträchtliche Zeit auffallend sichtbar bleiben.
§. 244.
Wenn die fortgehende Besserung von der ersten Gabe, der homöopathisch angemessenen Arznei sich nicht in Gesundheit auflösen will (wie doch bei acuten Uebeln nicht selten), so wird ein Zeitpunkt des Besserungs-Stillstandes – gewöhnlich zugleich der Gränzpunkt der Wirkungsdauer der vorher gegebnen Arzneigabe – eintreten, vor dessen Erscheinung es nicht nur ohne absehbaren Nutzen und ohne vernünftigen Grund, sondern sogar zweckwidrig und schädlich seyn würde, eine abermalige Gabe Arznei zu reichen.
§. 245.
Selbst auch eine Gabe derselben, sich bis dahin so hülfreich bewiesenen Arznei wird, eher wiederholt, als die Besserung in allen Punkten still zu stehen anfing – als Angriff zur Unzeit – den Zustand bloß verschlimmern können; denn schon die erste Gabe der bestgewählten Arznei wird nach Verfluß ihrer, der Beschaffenheit der Krankheit angemessenen Wirkungsdauer schon alles das Gute, schon alle die gewünschten Veränderungen ausgeführt haben, als diese Arznei überhaupt für jetzt vermochte – den für jetzt durch sie erreichbaren Grad von Gesundheit –, und eine nun abermals gereichte Gabe derselben wird diesen guten Zustand ändern, also verschlimmern müssen, durch Hervorbringung ihrer übrigen unhomöopathischen Symptome, das ist, eine unhomöopathische Arzneikrankheit erschaffen mit dem Reste der Krankheits-Symptome gemischt, also eine Art verwickelter und vermehrter Krankheit. Man stört, mit einem Worte, die von der ersten Gabe erzeugte und noch zu erwartende Besserung, wenn die zweite Gabe desselben, auch ursprünglich wohlgewählten Heilmittels noch vor Verfluß der Wirkungsdauer der erstern gereicht wird, und verspätigt wenigstens hiedurch die Genesung Auf die Vermeidung dieses Fehlers der Uebereilung kann man nicht aufmerksam genug seyn..
§. 246.
Wenn die bis dahin nur vorwärts gegangene und nicht zur vollen Heilung gediehene Besserung nun Stillstand nimmt, wird man auch bei genauer Untersuchung des Restes von der bis auf die gegenwärtige Zeit gebesserten Krankheit eine, obschon kleine, doch dergestalt veränderte Symptomen-Gruppe antreffen, daß eine neue Gabe der bisher gewirkt habenden Arznei jetzt durchaus nicht mehr homöopathisch passen kann, sondern jedesmal eine andre, diesem Reste von Zufällen angemessenere.
§. 247.
Hat daher die erste Gabe des möglichst gut gewählten Arzneimittels die völlige Herstellung der Gesundheit innerhalb ihrer Wirkungsdauer nicht vollenden können – wie sie's doch in den meisten Fällen schnell entstandener, neuer Uebel kann –, so bleibt für den dann noch rückständigen, obgleich viel gebesserten Krankheits-Zustand offenbar nichts Besseres zu thun übrig, als eine Gabe eines andern, für den jetzigen Rest von Symptomen möglichst homöopathisch passenden Arzneimittels zu reichen.
§. 248.
Nur wenn vor Ablauf der Wirkungsdauer einer Arzneigabe der Zustand einer dringenden Krankheit sich im Ganzen um nichts gebessert, vielmehr sich – auch nur um etwas – durch neue Symptome verschlimmert hat, die Arznei folglich nicht nach ihren eigenthümlichen Wirkungen homöopathisch für den Fall gewählt worden war, muß, auch noch vor Verlauf der Wirkungsdauer der zuletzt gegebnen Arznei, eine Gabe der für den nunmehrigen Krankheits-Befund genauer passenden Arznei gereicht werden Da nach allen Erfahrungen fast keine Gabe einer specifisch passenden, homöopathischen Arznei bereitet werden kann, welche zur Hervorbringung einer deutlichen Besserung in der angemessenen Krankheit zu klein wäre (§. 155. 277.), so würde man zweckwidrig und schädlich handeln, wenn man, wie von der bisherigen Arzneikunst geschieht, bei Nicht-Besserung oder einiger, obschon nur kleiner Verschlimmerung, dieselbe Arznei, in dem Wahne, daß sie ihrer geringen Menge (ihrer allzu kleinen Gabe) wegen nicht habe dienlich seyn können, dieselbe Arznei wiederholen, oder sie wohl gar an Gabe noch verstärken wollte. Jede Verschlimmerung durch neue Symptome – wenn in der Geistes- und Körper-Diät nichts Böses vorgefallen ist – beweiset stets nur Unangemessenheit der vorigen Arznei in diesem Krankheitsfalle, deutet aber nie auf Schwäche der Gabe..
§. 249.
Um so mehr, wenn dem scharfsichtigen, genau nach dem Krankheitszustande forschenden Heilkünstler sich in dringenden Fällen schon nach Verfluß von 6, 8, 12 Stunden offenbarte, daß er bei der zuletzt gegebnen Arznei eine Mißwahl gethan, indem der Zustand des Kranken, unter Entstehung neuer Symptome und Beschwerden, sich deutlich von Stunde zu Stunde, obschon nur immer um etwas, verschlimmert, ist es ihm nicht nur erlaubt, sondern Pflicht gebeut es ihm, den begangenen Mißgriff durch Wahl und Reichung eines nicht bloß erträglich passenden, sondern dem gegenwärtigen Krankheits-Zustande möglichst angemessenen homöopathischen Heilmittels wieder gut zu machen (§. 161.).
§. 250.
Selbst in chronischen Krankheiten ist es höchst selten oder nie der Fall, daß, zumal Anfangs, nichts Besseres zu thun wäre, als zweimal hinter einander dasselbe Arzneimittel – obgleich erst nach Verfluß der Wirkungsdauer der zuvor gereichten Gabe – zu verordnen, da, auch im Fall sie wohlgethan hat, die von ihr entstandene Besserung einige Zeit fortwähren muß, und gewöhnlich keine Anzeige zur Wiederholung derselben Arznei vorhanden ist, weil, was durch die erste Gabe nicht gebessert werden konnte, durch eine zweite, obschon gleich große oder größere Gabe, ebenfalls nicht zu heilen ist Bloß die wenigen Arzneien, deren Veränderungskraft des Befindens gesunder Menschen größtentheils aus Wechselwirkungen besteht (wie Ignazsamen, auch wohl Zaunrebe und Wurzelsumach, zum Theil auch Belladonne), machen eine Ausnahme; sie können in gewissen Fällen (m. s. das Vorwort zu Ignazsamen in der reinen Arzneimittellehre II, zweite Auflage) unmittelbar in zweiter Gabe gegeben werden..
§. 251.
Der aufmerksame Beobachter merkt den für die Gabe einer folgenden Arznei bestimmten Zeitpunkt an dem leisen Erscheinen einiger Spuren des einen oder des andern Ursymptoms der ehemaligen Krankheit.