type | fiction |
author | Leo N.Tolstoi |
title | Krieg und Frieden |
publisher | Non-Stop Bücherei |
translator | L. A. Hauff |
corrector | reuters@abc.de |
secondcorrector | gerd.bouillon@t-online.de |
sender | www.gaga.net |
created | 20080215 |
modified | 20161220 |
projectid | 408400b9 |
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31
Die kleine russische Armee von fünfunddreißigtausend Mann unter dem Befehl Kutusows zog sich rasch auf Wien zurück und hielt sich nur auf, wo sie vom Feind eingeholt wurde, worauf sie sich in Nachhutgefechte nur so weit einließ, als nötig war, um den Rückzug zu sichern, ohne die Bagage zu verlieren. Solche Gefechte fanden bei Lembach, Amstetten und Melk statt, aber trotz aller auch vom Feind anerkannten Tapferkeit, mit der die Russen sich schlugen, hatten diese Gefechte nur noch schnelleres Zurückweichen zur Folge. Die österreichische Armee trennte sich jetzt von der russischen, es war nicht daran zu denken, Wien zu verteidigen. Anstatt des tiefdurchdachten Angriffsplans, welcher nach den Gesetzen der neuen Wissenschaft, der Strategie, vom Hofskriegsrat entworfen und Kutusow bei seiner Anwesenheit in Wien übergeben worden war, blieb jetzt Kutusow nichts übrig, als die Vereinigung mit den aus Rußland nachkommenden Heeresteilen zu suchen.
Am 28. Oktober ging Kutusow mit der Armee auf das linke Ufer der Donau über und machte zum erstenmal Halt, da er die Donau zwischen sich und den Franzosen hatte. Am 30. griff er die auf dem linken Ufer stehende Division Mortier an und vernichtete sie. In diesem Gefecht wurden zum erstenmal einige Trophäen – Fahnen, Geschütze und zwei feindliche Generale – erbeutet. Zum erstenmal nach zweiwöchigem Rückzug machten die russischen Truppen Halt. Sie hatten jetzt nicht nur das Feld behauptet, sondern auch die Franzosen verjagt. Obgleich die Truppen abgerissen und erschöpft und um ein Drittel zusammengeschmolzen waren, obgleich auf dem andern Ufer der Donau Kranke und Verwundete mit einem Brief Kutusows, der sie der Menschlichkeit des Feindes empfahl, zurückgeblieben waren, obgleich die großen Hospitäler und Häuser in Krems, in welchen Lazarette eingerichtet worden waren, nicht alle Kranken und Verwundeten aufnehmen konnten, hatte doch der Sieg über Mortier den Geist der Truppen bedeutend gehoben. In der ganzen Armee und dem Hauptquartier waren sehr günstige, wenn auch falsche Gerüchte über das angebliche Eintreffen neuer Truppen aus Rußland, über einen Sieg der Österreicher und den Rückzug des erschrockenen Bonaparte in Umlauf.
Während der Schlacht befand sich Fürst Andree bei dem österreichischen General Schmidt, welcher bald darauf fiel. Sein Pferd wurde unter ihm erschossen, und er wurde selbst durch einen Streifschuß leicht verletzt. Als Zeichen besonderer Gunst wurde er von Kutusow mit der Nachricht von diesem Sieg an den österreichischen Hof abgesandt, welcher sich bereits in Brünn befand, da Wien von den Franzosen bedroht war. In der Nacht nach dem Gefecht war Fürst Andree in aufgeregter Stimmung mit einer Meldung vom General Dochturow in Krems an Kutusow gekommen und wurde noch in derselben Nacht nach Brünn abgesandt. Dieser Auftrag bedeutete einen wichtigen Schritt im Avancement.
Es war eine dunkle Sternennacht. Am Tage war etwas Schnee gefallen. Fürst Andree saß in dem leichten Postwagen mit dem Gefühl eines Menschen, welcher lange gewartet und nun endlich den Anfang des erwünschten Glückes erreicht hat. Sobald er die Augen schloß, ertönte in seinem Ohr Gewehrfeuer und Kanonendonner. Er erinnerte sich nochmals an alle Einzelheiten des Sieges und seinen kaltblütigen Mut während der Schlacht, und endlich schlummerte er ein. Nach der dunklen Sternennacht brach ein heller, heiterer Morgen an. Der Schnee schmolz in der Sonne. Die Pferde liefen rasch dahin durch dichte Wälder.
Es dunkelte, als Fürst Andree in Brünn eintraf. In den Straßen mit hohen Häusern und hell erleuchteten Läden empfand er jene Atmosphäre einer großen, volkreichen Stadt, welche für den Krieger nach dem Lagerleben immer so verführerisch ist. Ungeachtet der raschen Fahrt und der schlaflosen Nacht fühlte sich Fürst Andree, als er am Schlosse vorfuhr, noch frischer als am vorhergehenden Abend. Nur seine Augen glänzten fieberhaft und seine Gedanken folgten sich mit außerordentlicher Schnelligkeit und Deutlichkeit. Er stellte sich vor, welche Fragen Kaiser Franz an ihn richten und was er antworten werde. Er glaubte, man werde ihn sogleich dem Kaiser vorstellen, aber bei dem großen Einfahrtstor des Schlosses kam ein Beamter ihm entgegen, und als er in ihm einen Kurier erkannte, führte er ihn zu einem anderen Eingang.
»Dort in der Tür rechts finden Sie den Flügeladjutanten«, sagte ihm der Beamte, »er wird Sie zum Kriegsminister begleiten.«
Der Flügeladjutant bat ihn, etwas zu warten, und ging zum Kriegsminister. Nach fünf Minuten kam er zurück und führte den Fürsten Andree mit besonderer Höflichkeit durch den Korridor in ein Kabinett, wo der Kriegsminister arbeitete. Die freudige Erwartung des Fürsten Andree wurde bedeutend gedämpft, als er das Kabinett des Kriegsministers betrat. Er fühlte sich beleidigt, und dieses Gefühl steigerte sich, als der Kriegsminister, an einem großen Tisch sitzend, zwei Minuten lang den Eintretenden unbeachtet stehen ließ. Er las ein Papier und machte dabei Bemerkungen mit einem Bleistift.
»Nehmen Sie das und geben Sie es ab«, sagte der Kriegsminister zu seinem Adjutanten, indem er ihm das Papier reichte, aber noch immer beachtete er den Kurier nicht.
Fürst Andree schloß aus diesem Benehmen, daß die Tätigkeit von Kutusows Armee den Kriegsminister weniger als alles übrige interessierte, und daß er für nötig fand, den russischen Kurier dies fühlen zu lassen.
»Aber das ist mir ganz gleichgültig«, dachte er.
Der Kriegsminister schob die übrigen Papiere zusammen und hob den Kopf auf. Er hatte ein kluges, charaktervolles Gesicht.
»Vom Generalfeldmarschall Kutusow?« fragte er. »Gute Nachrichten, wie ich hoffe?«
»Es hat ein Zusammenstoß mit Mortier stattgefunden.«
»War er siegreich? Es wäre Zeit!« Er ergriff die Depesche, die an ihn gerichtet war, und las sie mit kummervoller Miene.
»Ach, mein Gott! Mein Gott! Schmidt!« sagte er auf deutsch. »Welches Unglück!« Nachdem er die Depesche gelesen hatte, legte er sie auf den Tisch und blickte Fürst Andree gedankenvoll an.
»Ach, welches Unglück. Die Sache war entscheidend, sagen Sie? Aber Mortier ist nicht gefangengenommen worden? – Nun, ich bin sehr erfreut, daß Sie gute Nachrichten brachten, obgleich der Sieg durch den Tod Schmidts teuer erkauft ist. Seine Majestät wird Sie wahrscheinlich zu sehen wünschen, aber nicht heute. Ich danke Ihnen. Erholen Sie sich! Seien Sie morgen beim Eingang nach der Parade! Übrigens werde ich Ihnen Nachricht geben. Auf Wiedersehen! Ich danke Ihnen sehr.«
Fürst Andree verließ das Schloß mit dem Gefühl, als ob alles Interesse und Glück, das ihm der Sieg verliehen hatte, jetzt in den gleichgültigen Händen des Kriegsministers und bei dem höflichen Adjutanten zurückgeblieben sei. Seine Gedanken nahmen eine andere Richtung. Das Gefecht erschien ihm wie eine Erinnerung aus längst vergangener Zeit.