title | Weitere Fabeln |
author | Verschiedene Autoren |
modified | 20170815 |
type | fable |
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König Iltis
Einst waren die Frösche mit ihrer alten Verfassung unzufrieden; sie quakten und quakten so lange, bis sie endlich unter Quaken den langbeinigen Storch zu ihrem Könige erwählten.
Als dies die Hühner und Hennen sahen, wollten sie hinter den Fröschen nicht zurückbleiben; sie meinten, es wäre gut, wenn sie auch ihren König hätten. Sie hielten daher einen allgemeinen Landtag ab und begannen sich zu beraten
Alle waren bisher eines Sinnes gewesen. Als es aber dazu kam, wer König sein solle, begannen sie zu zanken und zu hadern; denn niemand wollte dulden, daß ein anderer über ihn herrsche, sondern jeder hätte gern selbst über den anderen geboten.
Die Hähne stellten sich daher zum Kampfe und hackten mit den Schnäbeln aufeinander los, so daß die Federn umherstoben und die Kämme bluteten. Endlich riet ihnen ein alter weiser Hahn, es wäre das beste, wenn sie den Iltis zu ihrem Könige nähmen; der sei ein gewaltiger Herr mit starken Zähnen, den jeder fürchte, und der gewiß Ruhe und Ordnung herstellen werde.
Der Rat gefiel den Hähnen, und sie sandten sogleich zum Iltis, um mit ihm einen Vertrag zu schließen.
Als der Iltis ihr Begehren vernommen hatte, zeigte er sich sehr freundlich und bereitwillig. Er versprach den Hühnern auch, sie vor dein Hühnergeier, der ihre Kinder forttragen vor dem Marder, der ihre Eier austrinke, und vor dem Spatzen, der ihnen die Körner vor der Nase wegstehle, zu schützen, und er verhieß ihnen, die schönen, großen Hähne zu seinen Kammerherren zu machen und sie zu anderen Würden zu erheben.
Allen gefiel, was er versprach, den Hennen und den Hähnen, und so setzten sie den Iltis feierlich auf den Thron und waren froh, daß sie einen so mächtigen und gütigen König hätten.
Es währte jedoch nicht lange, so gelüstete es den Iltis nach einem Huhn. Um die Gemüter aber nicht gleich durch offenbare Gewalt zu verbittern, beschloß er, unter irgendeinem tauglichen Vorwande ein Huhn totzubeißen, um dessen Blut auszusaugen. Er ließ daher einen schönen, fetten Hahn vor sich rufen und fragte ihn, ob er was rieche. Der Hahn war eine gute, ehrliche Haut und sagte aufrichtig: »Verzeiht, Herr König! Ich riech' etwas, das entsetzlich stinkt.« – Es war dies der Gestank, den die Iltisse gewöhnlich verbreiten. – »Du unverschämter Wicht!« fuhr der Iltis da auf. »Das wagst du deinem Könige ins Gesicht zu sagen?« – Und schwapps biß er ihm den Kopf ab und sog ihm das Blut aus.
Dann ließ er einen zweiten Hahn rufen und fragte ihn gleichfalls, ob er was rieche. Der Hahn, der seines Kameraden Leib ohne Kopf daliegen und des Iltis Maul von Blut triefen sah, merkte, daß es übel um ihn stehe. Er begann vor Angst am ganzen Leibe zu zittern und vermochte kein Wort über die Lippen zu bringen.
»Warum zitterst du?« fragte ihn der Iltis streng. »Mir scheint, du hast kein gutes Gewissen! Sprich, was riechest du?«
Der Hahn raffte all seine Kraft zusammen, verneigte sich tief und sagte demütiglich mit süßer Stimme: »Herr König, ich riech' etwas, das wunderlich duftet.«
»Tückischer Verräter!« rief der Iltis zornig. »Du willst deine Erbärmlichkeit mit Schmeicheleien beschönigen?« – Und schwapps biß er ihm den Kopf ab und sog ihm dann das Blut aus.
Der Iltis hatte nun zwar schon zur Genüge gefressen, allein das Spiel mit den Hähnen machte ihm Vergnügen; drum ließ er noch einen dritten Hahn vor sich rufen und fragte den ebenfalls, was er rieche. Der aber war pfiffig; er sah zwar die zwei Leichname ohne Kopf und bemerkte Blut an des Iltis Barte, doch tat er nicht, als ob er etwas sähe. Er verneigte sich einige Male nach Gebühr und erwiderte dem Iltis vorsichtig: »Verzeiht, Herr König! Das Wetter ist schlecht; ich hab' einen furchtbaren Schnupfen.«
Der Iltis, der sah, wie klug der Hahn sich aus der Schlinge ziehe, und dem gerade nichts anderes einfiel, was er gegen ihn vorbringen könne, lächelte huldreich und entließ ihn in Gnaden.