title | Weitere Fabeln |
author | Verschiedene Autoren |
modified | 20170815 |
type | fable |
Navigation:
- Kapitel 48
- Kapitel 1
- Kapitel 2
- Kapitel 3
- Kapitel 4
- Kapitel 5
- Kapitel 6
- Kapitel 7
- Kapitel 8
- Kapitel 9
- Kapitel 10
- Kapitel 11
- Kapitel 12
- Kapitel 13
- Kapitel 14
- Kapitel 15
- Kapitel 16
- Kapitel 17
- Kapitel 18
- Kapitel 19
- Kapitel 20
- Kapitel 21
- Kapitel 22
- Kapitel 23
- Kapitel 24
- Kapitel 25
- Kapitel 26
- Kapitel 27
- Kapitel 28
- Kapitel 29
- Kapitel 30
- Kapitel 31
- Kapitel 32
- Kapitel 33
- Kapitel 34
- Kapitel 35
- Kapitel 36
- Kapitel 37
- Kapitel 38
- Kapitel 39
- Kapitel 40
- Kapitel 41
- Kapitel 42
- Kapitel 43
- Kapitel 44
- Kapitel 45
- Kapitel 46
- Kapitel 47
- Kapitel 48
- Kapitel 49
- Kapitel 50
- Kapitel 51
- Kapitel 52
- Kapitel 53
- Kapitel 54
- Kapitel 55
- Kapitel 56
- Kapitel 57
- Kapitel 58
- Kapitel 59
- Kapitel 60
- Kapitel 61
- Kapitel 62
- Kapitel 63
- Kapitel 64
- Kapitel 65
- Kapitel 66
- Kapitel 67
- Kapitel 68
- Kapitel 69
- Kapitel 70
- Kapitel 71
- Kapitel 72
- Kapitel 73
- Kapitel 74
- Kapitel 75
- Kapitel 76
- Kapitel 77
- Kapitel 78
- Kapitel 79
- Kapitel 80
- Kapitel 81
- Kapitel 82
- Kapitel 83
- Kapitel 84
- Kapitel 85
- Kapitel 86
- Kapitel 87
- Kapitel 88
- Kapitel 89
- Kapitel 90
- Kapitel 91
- Kapitel 92
- Kapitel 93
- Kapitel 94
- Kapitel 95
- Kapitel 96
- Kapitel 97
- Kapitel 98
- Kapitel 99
Das Hühnchen und das Hähnchen
Das Hühnchen hatte warten gelernt, aber das Hähnchen nicht. Einst kamen sie in einen Garten voll halbreifer Johannisbeeren. Da sagte das Hühnchen: »Laß uns warten, bis sie reif sind; dann wollen wir wieder hierhergehen und sie essen.« Das Hähnchen aber folgte nicht, sondern aß so lange, bis es Leibweh bekam. Da lief es mit großen Schmerzen nach Hause, und das Hühnchen mußte ihm Kamillentee kochen und ein Pflästerchen auflegen, sonst wäre das Hähnchen gestorben.
Wieder einmal waren die beiden im Felde gewesen, und es war ihnen so heiß geworden, daß der Schweiß auf ihnen stand. Da kamen sie an ein frisches, klares Wässerchen und sahen, daß es gut zum Trinken war. Das Hähnchen wollte sich sogleich darüber hermachen, aber das Hühnchen sagte: »Nein, liebes Hähnchen, noch nicht! Warte doch noch ein wenig, bis du abgekühlt bist! Ich trinke ja auch nicht eher.« Allein das Hähnchen war eigensinnig und trank, soviel ihm nur schmeckte. Doch ehe sie nach Hause kamen, wurde es plötzlich krank und mußte auf dem Felde liegenbleiben. Das Hühnchen lief eilends nach Hause und brachte ihm Hilfe. Der Arzt machte endlich auch das Hähnchen wieder gesund; allein es mußte lange im Bett liegen, viel bittere Arznei nehmen und viele Schmerzen leiden.
Nun glaubte das Hühnchen, habe das unvorsichtige Hähnchen doch endlich warten gelernt. Aber als der Winter kam und das Wasser zufror, da wollte das Hähnchen doch aufs Eis gehn, ehe es noch fest gefroren war. Da sagte das Hühnchen: »Liebes Hähnchen, ich bitte dich, warte nur noch einen einzigen Tag! Dann wollen wir zusammen auf das Eis gehen.« – Aber das Hähnchen folgte auch diesmal nicht. Es ging fort auf das dünne Eis, brach ein und ertrank.
Als es endlich herausgefischt wurde, da weinte das Hühnchen bitterlich und sprach: »Ach, wenn mein Hähnchen doch nur ein klein bißchen warten gelernt hätte, so wäre dies Unglück nicht geschehen; dann wäre mein Hähnchen nicht tot, und ich müßte nicht allein sein.«