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type | narrative |
author | Victor Auburtin |
title | Sündenfälle. Feuilletons |
publisher | Rütten und Loening |
editor | Heinz Knobloch |
year | 1970 |
isbn | 3-7466-6061-0-1 |
corrector | reuters@abc.de |
sender | www.gaga.net |
created | 20110428 |
projectid | c12e89c6 |
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Von Enten und von Helden
Erste Beobachtung: Im Teich die Gänse, die Haubenenten, die Brautenten, die gemeinen Enten und die zwei Schwäne haben Ruhe gehalten den ganzen Vormittag. Sie schwimmen aneinander vorüber, wackeln mit den jeweiligen Steißen, stecken die Köpfe ins Wasser und tun sonst so nach der Art des Wassergeflügels.
Da bricht ein Streit aus zwischen dem großen braunen Enterich und dem weißen Enterich. Der Braune fährt auf den Weißen los, der flieht, und es gibt mit großem Geschrei eine Jagd durch den Teich und rundherum. Sie reißen einander Federn aus, sie verbeißen sich, sie tauchen unter und balgen sich unter der Oberfläche weiter, so daß das Wasser wallt und kocht. Dann kommen sie wieder herauf, und mit einem scharfen Schnabelschlag faßt der braune Enterich den weißen an den Hals, daß das Blut herauskommt.
In diesem Augenblicke aber ist der Streit aus. Der siegreiche braune Enterich rudert ganz friedlich zu seinem verwundeten Gegner hin und schmeichelt und gackelt freundlich an ihm herum, und dann schwänzeln sie kameradschaftlich nebeneinander durch den Teich.
Moral der ersten Beobachtung: es ist etwas Sonderbares um die Enten.
Zweite Beobachtung: Am Fonteinskopp die beiden Buren Piet und Abimelech hatten den ganzen Nachmittag auf Vorposten gelegen, ohne daß sich etwas von den Engländern gezeigt hätte. Erst gegen Abend regte sich etwas am Wege, und da duckten die beiden Buren sich hinter einen Stein. Es war ein englischer Offizier zu Pferde von Bullers Armee. Er wollte wohl auskundschaften oder hatte sich verirrt und stand nun still gegen den Abendhimmel und war ein ganz prachtvolles Schußobjekt.
Da sagte hinter dem Steine der Bure Piet leise zu seinem Gefährten: »Ich knalle ihn herunter wie einen Spatzen.«
Abimelech antwortete: »Nein, du nicht, sondern ich. Du hast gestern den dicken Major geschossen. Jetzt bin ich an der Reihe.«
Und sie stritten sich lange hin und her, und weil sie sich nicht einigen konnten, beschlossen sie auszulosen, wer den Schuß tun sollte. Zu diesem Zwecke holte Abimelech seine Bibel aus dem Sack, und sie verabredeten die Auslosung so, daß jeder den Finger beliebig in die Bibel stecken sollte. Und wer dann mit dem Finger den größeren Vers gefaßt hätte, der sollte gewonnen haben und den Schuß tun.
So taten sie denn auch, und Piet als der ältere steckte zuerst den Finger in die Bibel und faßte den Vers: »Deine zwo Brüste sind wie junge Rehzwillinge, die unter Rosen weiden.«
Dann steckte Abimelech den Finger in das Buch und faßte den Vers: »Und Lea ward schwanger und gebar einen Sohn; den hieß sie Rüben und sprach: der Herr hat angesehen mein Elend; nun wird mich mein Mann liebhaben.«
Das war ganz offenbar der längere Vers, und Abimelech hatte gewonnen. Er nahm die Büchse und legte an.
»Sechzig Schritte sind's«, flüsterte Piet, »ziele hoch, dann geht es ihm in die Gedärme.«
Der Schuß krachte, das Pferd bäumte sich hoch, und der Engländer fiel herunter wie ein Sack.
Die beiden Buren warteten noch einen Augenblick hinter dem Steine. Aber als sie sahen, wie der verwundete Engländer sich im Grase krümmte und mit den Beinen schlug, da standen sie auf und liefen hin, um ihn zu pflegen.
Sie knöpften ihm die Weste auf und untersuchten die Wunde und fanden, daß sie bedauerlicherweise recht schwer sei. Dann holten sie Verbandzeug hervor, stopften Watte in den Schußkanal, wuschen ihn mit Karbolwasser und waren sehr besorgt. Und trugen den Engländer vorsichtig davon und klagten sehr, daß er leider so schwer verwundet sei.
Moral der zweiten Beobachtung: es ist etwas Sonderbares auch um die Menschen.