pfad | /frobeniu/afrika/afrika.xml |
type | fairy |
author | Leo Frobenius |
title | Schwarze Sonne Afrika |
publisher | Wilhelm Heyne Verlag |
isbn | 3453119932 |
year | 1996 |
corrector | reuters@abc.de |
secondcorrector | gerd.bouillon@t-online.de |
sender | www.gaga.net |
created | 20091008 |
modified | 20140825 |
projectid | b44bb671 |
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Anhang
Vita Leo Frobenius
Der Mann, der Afrika zum Sprechen brachte
Eingangs des Gana- und des Kassaidenkapitels war von zwei afrikanischen Sängern die Rede: dem Dialli Korongo (Mande) und dem Pygmäen mit der Nasenflöte (aus dem Volk der Bena Lulua). Korongo bedeutete für Frobenius viel, ein wandelndes Gedächtnis, trunkenes Genie – die Geschichte ihrer ersten Zusammenkunft sei noch zuende erzählt:
»Korongo trinkt. Jetzt spricht er mit voller Stimme, erzählt von Burgen und Helden, von Kämpfen und Minne . . . Mit leuchtenden Augen hocken die beiden Muslim (d. h. die beiden Dolmetscher Nege und Karimacha) und blicken zu dem Sänger empor. Korongo aber ist nun betrunken. Er streicht den Gewinn ein, wankt zum Tor hinaus und murmelt noch mit letzter Kraft: »Alle großen Dialli sind betrunken.«
Solches wiederholte sich nun lange Zeit hindurch Tag für Tag. Morgens erschien Korongo als ein Bild verkaterten Lebensüberdrusses. Mittags erfolgte ein Erwachen. Am Abend sprühte er. Einige Stunden hernach ging er trunken von dannen. Ich jedoch hatte schwere Not, im Verlauf der verstreichenden Nacht das tagsüber Vernommene und Notierte zu kontrollieren, Unklarheiten festzustellen, neue Fragen vorzubereiten, das endgültig Gewonnene in die Reinschrift zu retten« (Frobenius, Der Kopf als Schicksal, 1924, S. 64 f.).
Das Erstaunlichste daran: Frobenius sprach keine einzige afrikanische Sprache. Er ließ sich alles auf französisch oder auch auf englisch – dolmetschen und baute im übrigen auf sein Einfühlungsvermögen, auf Intuition und Miterleben. Frobenius konnte offenbar genau zuhören, Mimik und Gestik als Information speichern.
In der Verlegenheit, allenfalls einige wenige der Sprachen erlernen zu können, deren mündliche Überlieferung er aufzeichnen wollte, verfiel er auf eine geradezu geniale Methode: Von jedem besuchten Volk nahm er einige Leute als Reisebegleiter mit, um sie jedesmal mit dem neu auftauchenden Neuen zu konfrontieren, damit sie vom Eigenen aus immer neuen Blickwinkeln berichteten. Waren es am Ende der Kongoreise (1904/06) Vertreter von zwanzig Völkern, so hatte er nach der Yoruba-Benue Wanderung nicht weniger als einundsechzig Völker um sich. Dieser Hofstaat hatte mehrere Funktionen. Einmal schaffte er Autorität und gab Afrikanern das Gefühl, einen der eigenen Fürsten vor sich zu haben.
(»Der eigentliche Fürst wahrt nur seine Souveränität, indem er nie direkt mit dem Volk, sondern immer durch einen Sprecher verkehrt« – Erlebte Erdteile Bd. III, 1925, S. 30.)
Der Hofstaat bzw. die Dolmetschergruppen diente zum anderen dazu, das mündlich Vernommene sich genau erklären zu lassen und in seinem Wahrheitsgehalt überprüfen zu können. »Da mit Belohnungen nicht gekargt wurde, verbreitete sich die Nachricht von dem Geschäft, das mit Märchenerzählen zu machen sei, alsbald im Land und zog allerhand fabelkundiges Volk zusammen. Der Stoff wurde wörtlich nach der Überlieferung wiedergegeben, und wenn der Erzähler irgendwelche neuen, d. h. falschen Worte setzte, so geschah es häufig, daß Umsitzende ihn verbesserten. Das Wörtliche spielte also eine bedeutende Rolle« (Erlebte Erdteile, Bd. IV, 1925, S. 71 f.)
In 195 Reisetagebüchern hat Frobenius notiert, was er studiert und was ihm zugetragen wurde: Haartrachten und Tätowierungen, Schamanismus, Zahlensymbolik, Grabungsfunde. Er war ein Besessener – und ein unermüdlicher Feldforscher. Bezeichnend für ihn, daß er alle seine Tagebücher stets auf der Reise schon ins Reine geschrieben hatte. Die Stoffmassen, die später in die »Sammlung Atlantis« eingingen, waren so bereits gegliedert und gewissermaßen beglaubigt.
Als zum 100. Geburtstag 1973 viel Kritisches zu Frobenius' Kulturtheorien und besonders zur Kulturkreislehre angemerkt wurde, stimmten alle Kenner seines Werkes – Leopold S. Senghor, Verfechter der Négritude, Janheinz Jahn, Erforscher der schwarzafrikanischen Literatur, Eike Haberland, Direktor des Frobenius-Instituts und andere – doch darin überein: Frobenius gab Afrika ein Stück seiner Identität wieder, mit dem Nachweis hochdifferenzierter, eigenständiger Kulturen; ihm verdanken wir die bisher großartigsten Sammlungen authentischer Oralliteratur.