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Richard Dehmel: Schöne wilde Welt - Kapitel 36
Quellenangabe
type | poem |
booktitle | Schöne wilde Welt |
author | Richard Dehmel |
firstpub | 1913 |
year | 1913 |
publisher | S. Fischer Verlag |
address | Berlin |
title | Schöne wilde Welt |
created | 20040919 |
sender | gerd.bouillon |
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Die neue Würde
Richard Luksch zur Erinnerung
Ein Künstler war deutscher Professor geworden, mit der Aussicht auf weitere Ämter, Titel und Orden. Und weil er von Natur ein Bildhauer war, erschien nun vor ihm die ganze Schaar von großen, größten und allergrößten Tieren, die er gewohnt war zu modellieren, um ihm huldvollst zu gratulieren. Ein Pavian schnarrte: Herr Professor, ich hoffe, Sie meißeln nun immer bessor! Ja, schrie ein Esel: man soll seine schweren Pflichten, Herr Professor, immer edler verrichten. Ein alter abgerackerter Gaul wieherte mit verzognem Maul: Li-ieber Herr Professor, es gilt des Daseins Leiden immer wahrer in Holz zu schneiden. Ein dressierter Hofhund maulte: wau, wau – ein Kater jaulte dazwischen: au, au – Herr Professor, die Welt ist schon voller Grauen, man muß sie immer schöner aushauen. Pfui! grunzte ein Schwein: ich möchte bitten, Herr Professor, um immer reinere Sitten. Ein paar Kameele flehten demütigst: Werter Herr Professor, verzeihen Sie gütigst, wir empfehlen des Lebens Malicen immer klarer in Bronce zu gießen. Ein Elefant blies in die Trompete: Hochgeehrter Herr Professor, ich vertrete die alte Weisheit der Brahmanen, lassen Sie immer Tieferes ahnen! Ih – quiekte eins von zwei Karnickeln: wir wollen uns immer höher entwickeln! Vier vergnügte Hamster aber hockten im Kreise, die schnauften in ihrer verfutterten Weise: Teurer Herr Professor, die Not lehrt beten, lernen Sie immer zweckvoller kneten! Und – mahnte ein Truthahn mit Gekoller: natürlich immer ordnungsvoller! Im Gegenteil! kreischte ein Lämmergeier: selbstverständlich immer freier! Ein Löwe brüllte: Professor, ich rate nur immer stolzere Positur! Ein spukhaft hopsendes Känguru walzte vorüber und pfiff dazu: Herr Professor, man will Sie blos vexieren, Sie müssen die Form immer feiner komplizieren. Ein kluger Storch hob sacht ein Bein und klapperte mit Bedacht: Nein, nein, bester Herr Professor, es gilt auf Erden nur immer einfältiger zu werden. So erteilten die Tiere, große und kleine, wilde und zahme im Vereine, dem Herrn Professor ihren huldvollen Rat, als plötzlich aus dem Gratulantenstaat eine goldschmucke Paradiesvogelhenne aufflog und gluckste: Wie ich dich kenne, Freund Künstler, wirst du dir nun vorspiegeln, du sollst unsre Göttin Natur verschniegeln, und wirst deiner neuen Würde grollen und immer rauhbeiniger werden wollen. Und der Herr Professor knurrte was in den Bart und sah wahrhaftig aus wie behaart und streckte verbiestert alle Viere. Da erschien zuletzt in seinem Quartiere das wildeste und zahmste der Tiere: ein Weib. Das sprach: Lieber Mann, deine Würde ist freilich eine künstliche Bürde. Aber wir Menschen treiben's eigentlich nie so natürlich wie das übrige Vieh; selbst die nackte Braut trägt an der Hand ein Ringelein als züchtiges Pfand. Sieh, mit unsern Klunkern, Zierden und Ehrenzeichen will die alte Hexe Natur erschleichen, daß sich ihr irdisches Maskenfest nicht noch tierischer gehen läßt. Drum, Künstler, laß dich ruhig verhimmeln; und damit deine Anbeter nicht verlümmeln, lern dich als würdiges Vorbild gebärden, denn der Mensch will – immer noch menschlicher werden. Da hat der neue Herr Professor gelacht, hat seiner Frau einen himmlischen Bückling gemacht und sich sein göttliches Haupthaar geschoren. Seit der Zeit sind die Herren Professoren der deutschen Kunst-Akademien nicht mehr als Trampeltiere verschrien. |