type | legend |
booktitle | Sagen des klassischen Altertums |
author | Gustav Schwab |
year | 1982 |
publisher | Insel Verlag |
address | Frankfurt am Main |
isbn | 3-458-31827-5 |
title | Sagen des klassischen Altertums |
pages | 3-972 |
sender | gerd.bouillon@t-online.de |
firstpub | 1838 |
Navigation:
- Kapitel 54
- Kapitel 1
- Kapitel 2
- Kapitel 3
- Kapitel 4
- Kapitel 5
- Kapitel 6
- Kapitel 7
- Kapitel 8
- Kapitel 9
- Kapitel 10
- Kapitel 11
- Kapitel 12
- Kapitel 13
- Kapitel 14
- Kapitel 15
- Kapitel 16
- Kapitel 17
- Kapitel 18
- Kapitel 19
- Kapitel 20
- Kapitel 21
- Kapitel 22
- Kapitel 23
- Kapitel 24
- Kapitel 25
- Kapitel 26
- Kapitel 27
- Kapitel 28
- Kapitel 29
- Kapitel 30
- Kapitel 31
- Kapitel 32
- Kapitel 33
- Kapitel 34
- Kapitel 35
- Kapitel 36
- Kapitel 37
- Kapitel 38
- Kapitel 39
- Kapitel 40
- Kapitel 41
- Kapitel 42
- Kapitel 43
- Kapitel 44
- Kapitel 45
- Kapitel 46
- Kapitel 47
- Kapitel 48
- Kapitel 49
- Kapitel 50
- Kapitel 51
- Kapitel 52
- Kapitel 53
- Kapitel 54
- Kapitel 55
- Kapitel 56
- Kapitel 57
- Kapitel 58
- Kapitel 59
- Kapitel 60
- Kapitel 61
- Kapitel 62
- Kapitel 63
- Kapitel 64
- Kapitel 65
- Kapitel 66
- Kapitel 67
- Kapitel 68
- Kapitel 69
- Kapitel 70
- Kapitel 71
- Kapitel 72
- Kapitel 73
- Kapitel 74
- Kapitel 75
- Kapitel 76
- Kapitel 77
- Kapitel 78
- Kapitel 79
- Kapitel 80
- Kapitel 81
- Kapitel 82
- Kapitel 83
- Kapitel 84
- Kapitel 85
- Kapitel 86
- Kapitel 87
- Kapitel 88
- Kapitel 89
- Kapitel 90
- Kapitel 91
- Kapitel 92
- Kapitel 93
- Kapitel 94
- Kapitel 95
- Kapitel 96
- Kapitel 97
- Kapitel 98
- Kapitel 99
- Kapitel 100
- Kapitel 101
- Kapitel 102
- Kapitel 103
- Kapitel 104
- Kapitel 105
- Kapitel 106
- Kapitel 107
- Kapitel 108
- Kapitel 109
- Kapitel 110
- Kapitel 111
- Kapitel 112
- Kapitel 113
- Kapitel 114
- Kapitel 115
- Kapitel 116
- Kapitel 117
- Kapitel 118
- Kapitel 119
- Kapitel 120
- Kapitel 121
- Kapitel 122
- Kapitel 123
- Kapitel 124
- Kapitel 125
- Kapitel 126
- Kapitel 127
- Kapitel 128
- Kapitel 129
- Kapitel 130
- Kapitel 131
- Kapitel 132
- Kapitel 133
- Kapitel 134
- Kapitel 135
- Kapitel 136
- Kapitel 137
- Kapitel 138
- Kapitel 139
- Kapitel 140
- Kapitel 141
- Kapitel 142
- Kapitel 143
- Kapitel 144
- Kapitel 145
- Kapitel 146
- Kapitel 147
- Kapitel 148
- Kapitel 149
- Kapitel 150
- Kapitel 151
- Kapitel 152
- Kapitel 153
- Kapitel 154
- Kapitel 155
- Kapitel 156
- Kapitel 157
- Kapitel 158
- Kapitel 159
- Kapitel 160
- Kapitel 161
- Kapitel 162
- Kapitel 163
- Kapitel 164
- Kapitel 165
- Kapitel 166
- Kapitel 167
- Kapitel 168
- Kapitel 169
- Kapitel 170
- Kapitel 171
- Kapitel 172
- Kapitel 173
- Kapitel 174
- Kapitel 175
- Kapitel 176
- Kapitel 177
- Kapitel 178
- Kapitel 179
- Kapitel 180
- Kapitel 181
- Kapitel 182
- Kapitel 183
- Kapitel 184
- Kapitel 185
- Kapitel 186
- Kapitel 187
- Kapitel 188
- Kapitel 189
- Kapitel 190
- Kapitel 191
- Kapitel 192
- Kapitel 193
- Kapitel 194
- Kapitel 195
- Kapitel 196
- Kapitel 197
- Kapitel 198
- Kapitel 199
- Kapitel 200
- Kapitel 201
- Kapitel 202
- Kapitel 203
- Kapitel 204
- Kapitel 205
- Kapitel 206
- Kapitel 207
- Kapitel 208
- Kapitel 209
- Kapitel 210
- Kapitel 211
- Kapitel 212
- Kapitel 213
- Kapitel 214
- Kapitel 215
- Kapitel 216
- Kapitel 217
- Kapitel 218
- Kapitel 219
- Kapitel 220
- Kapitel 221
- Kapitel 222
- Kapitel 223
- Kapitel 224
- Kapitel 225
- Kapitel 226
- Kapitel 227
- Kapitel 228
- Kapitel 229
- Kapitel 230
- Kapitel 231
- Kapitel 232
- Kapitel 233
Herakles, Iole und Deïanira.
Sein Ende
Die letzte Fehde, die Herakles bestand, war sein Feldzug gegen Eurytos, den König von Öchalia, gegen welchen er einen alten Groll hegte, weil derselbe ihm seine Tochter Iole verweigert hatte. Er versammelte ein großes Heer von Griechen und zog nach Euböa, den Eurytos und seine Söhne in ihrer Stadt Öchalia zu belagern. Der Sieg folgte ihm: die hohe Burg wurde in den Staub geworfen, der König mit seinen drei Söhnen erschlagen, die Stadt vertilgt. Iole, noch immer jung und schön, wurde die Gefangene des Herakles.
Derweil hatte Deïanira in Sorgen zu Hause auf Nachricht von ihrem Gatten geharrt. Endlich jauchzte im Palaste Freudengeschrei empor. Ein Bote kam herangesprengt: »Dein Gemahl, o Fürstin, lebt« so meldete er der ängstlich auf seine Botschaft Horchenden »naht in Siegesruhm und führt jetzt eben die Erstlinge des Kampfes den heimatlichen Göttern zu. Sein Diener Lichas, den er hinter mir her gesendet hat, verkündet auf offener Wiese dem Volke den Sieg. Seine eigene Ankunft verzögert sich nur dadurch, daß er auf Euböas Vorgebirge Kenaion dem Zeus das schuldige Dankopfer darzubringen sich anschickt.« Bald erschien der Abgeordnete des Helden, Lichas, und in seinem Geleite die Gefangenen. »Heil dir, Gemahlin meines Herrn«, sprach er zu Deïanira; »die Himmlischen lieben den Frevel nicht: Herakles' gerechte Sache ist gesegnet worden; die üppigen Prahler mit ihrem verruchten Munde sind alle in den Hades hinabgeeilt, die Stadt ist in Knechtschaft. Doch der Gefangenen, die wir hier bringen, sollst du schonen, läßt dein Gemahl dir sagen, vor allem der unglücklichen Jungfrau, die sich hier vor deine Füße wirft.« Deïanira heftete einen Blick voll tiefen Mitleids auf das schöne, jugendliche Mädchen, das von Gestalt und Auge lieblich glänzte, erhob sie vom Boden und sprach: »Ja, ihr Lieben, herbes Mitgefühl hat mich gefaßt, sooft ich Unglückselige heimatlos durch fremde Landschaft herumgeschleppt und Freigeborne Sklavenlos dulden sah. Zeus, Überwinder, mögest du nie deinen Arm so gegen mein Haus erheben! Aber wer bist du, jammervolles Mägdlein? Du scheinst unvermählt und von hohem Stamme! Sage mir, Lichas, wer sind die Eltern dieser Jungfrau?« »Wie weiß ich das? Weswegen fragst du dies?« antwortete der Abgesandte mit verstelltem Sinne, und seine Miene verriet ein Geheimnis. »Sie ist«, fuhr er nach einigem Zögern fort, »gewiß aus keinem der niedrigsten Häuser Öchalias.« Da das arme Mädchen selbst nur seufzte und schwieg, so forschte Deïanira auch nicht weiter, sondern befahl, sie in das Haus zu führen und dort auf das schonendste zu behandeln. Während Lichas diesem Befehl Folge leistete, trat der zuerst angekommene Bote seiner Gebieterin näher, und sobald er sich unbelauscht wußte, flüsterte er ihr die Worte zu: »Traue dem Abgesandten deines Gemahls nicht, Deïanira. Er verbirgt dir die Wahrheit. Aus seinem eigenen Munde habe ich mitten auf dem Marktplatz von Trachis in vieler Zeugen Gegenwart gehört, daß dein Gatte Herakles ganz allein um dieser Jungfrau willen die hohe Burg Öchalias niedergeworfen hat. Es ist Iole, die Tochter des Eurytos, die du aufgenommen hast, von deren Liebe Herakles entbrannt war, ehe er dich kennengelernt hat. Nicht als deine Sklavin, sondern als deine Nebenbuhlerin, als Nebenweib ist sie in dein Haus gekommen!« Ober diese Mitteilung brach Deïanira in laute Wehklagen aus. Doch faßte sie sich bald wieder und rief den Diener ihres Gatten, Lichas, selbst herbei. Dieser schwur anfangs beim höchsten Zeus, daß er ihr die Wahrheit gesagt habe und ihm unbewußt sei, wer die Eltern der Jungfrau wären. Lange beharrte er bei dieser Lüge. Deïanira aber beschwor ihn, des höchsten Zeus nicht länger zu spotten. »Wäre es auch möglich, daß ich meinem Gatten seiner Untreue wegen abhold würde«, sagte sie zu ihm weinend, »so bin ich nicht so unedler Gesinnung, daß ich dieser Jungfrau zürne, die mir nie einen Schimpf angetan hat. Nur mit Mitleiden schaue ich sie an; denn ihr hat die Schönheit all ihr Lebensglück zertrümmert, ja ihr ganzes Geburtsland in Knechtschaft gestürzt!« Als Lichas sie so menschlich reden hörte, gestand er alles. Hierauf entließ ihn Deïanira ohne Vorwurf und befahl ihm, nur solange zu warten, bis sie für die reiche Schar von Gefangenen, die der Gemahl ihr zugesendet und zur Verfügung gestellt hatte, diesem eine Gegengabe gerüstet hätte.
Fern vom Feuer, unberührt vom Strahle des Lichtes hatte Deïanira, der Vorschrift des tückischen Zentauren gemäß, die Salbe, die sie vom giftigen Blute seiner Pfeilwunde gesammelt, am verborgenen Orte bewahrt. An dieses Zaubermittel, das sie, unerfahren in den Ränken, welche Rache spinnt, für ganz unschädlich hielt und das ihr nur das Herz und die Treue des Gatten wiedergewinnen sollte, dachte nun die bedrängte Fürstin zum ersten Male wieder, seit sie es sorgsam verhüllt im Schranke geborgen. Jetzt galt es zu handeln. Sie schlich sich daher in das Gemach und färbte mit einer Flocke von weißem Lämmervliese, welche sie mit der Salbe getränkt hatte, im verborgenen ein köstliches Unterkleid, das für Herakles bestimmt war. Sorgfältig hütete sie während dieser Arbeit Flocke und Gewand vor dem Sonnenstrahl und schloß das blutrot gefärbte Kleid, schön zusammengefaltet, in ein Kästchen ein. Als dies geschehen war, warf sie die Wolle, die zu nichts mehr dienlich, auf die Erde, ging und überreichte dem herbeigerufenen Lichas das für ihren Gatten bestimmte Geschenk. »Bring meinem Gemahl«, sprach sie, »dieses schöngewobene Leibgewand, meiner eigenen Hände Werk. Kein andrer soll es tragen als er selbst; auch soll er das Kleid nicht dem Feuerherde oder dem Sonnenglanze aussetzen, bevor er es, am feierlichen Opfertage damit geschmückt, den Göttern gezeigt hat; denn dieses Gelübde habe ich getan, wenn ich ihn je siegreich zurückkehren sehen würde. Daß du ihm wirklich meine Botschaft bringest, soll er an diesem Siegelringe erkennen, den ich dir für ihn anvertraue.« Lichas versprach alles auszurichten, wie die Herrin befohlen; er verweilte keinen Augenblick länger im Palast, sondern eilte mit der Gabe nach Euböa, um den opfernden Herrn nicht länger ohne Kunde von der Heimat zu lassen. Einige Tage vergingen, und der älteste Sohn des Herakles und der Deïanira, Hyllos, war seinem Vater entgegengeeilt, um ihm die Ungeduld der harrenden Mutter zu schildern und ihn zu beschleunigter Heimkehr zu bewegen. Inzwischen hatte Deïanira zufällig das Gemach wieder betreten, wo das Zaubergewand von ihr gefärbt worden war. Sie fand die Wollenflocke, wie sie dieselbe unachtsam hingeworfen, auf dem Boden liegen, dem Sonnenstrahl ausgesetzt und von ihm durchwärmt. Ihr Anblick aber entsetzte sie; denn die Wolle war wie zu Staub oder Sägspänen zusammengeschwunden, und aus dem Überbleibseln zischte ein blasenvoller, giftiger Schaum auf. Eine dunkle Ahnung ergriff die jammervolle Frau, daß sie Unglückseliges begangen habe, und in entsetzlicher Unruhe durchirrte sie seit diesem Augenblicke den Palast.
Endlich kam Hyllos zurück, aber ohne den Vater. »O Mutter«, rief er ihr mit Abscheu zu, »ich wollte, du hättest nie gelebt, oder du wärest nie meine Mutter gewesen, oder die Götter hätten dir eine andere Sinnesart gegeben!« So unruhig die Fürstin schon vorher war, so erschrak sie doch noch mehr bei diesen Worten ihres Sohnes. »Kind«, erwiderte sie ihm, »was ist denn so Gehässiges an mir?« »Ich komme vom Vorgebirge Kenaion, Mutter«, entgegnete ihr der Sohn mit lautem Schluchzen, »du bist es, die mir den Vater dahingewürgt!« Deïanira wurde totenbleich, doch raffte sie sich zusammen und sprach: »Von wem weißt du solches, mein Sohn, wer darf mich so entsetzlicher Untat zeihen?« »Kein fremder Mund hat mich belehrt«, fuhr der Jüngling fort, »mit eigenen Augen habe ich mich von dem Jammerlose des Vaters überzeugt. Ich traf ihn auf dem Vorgebirge Kenaion, wo er eben dem Überwinder Zeus auf vielen Dankaltären zugleich Brandopfer schlachten wollte. Da erschien der Herold Lichas, sein Diener, mit deiner Gabe, deinem verfluchten, mörderischen Gewande. Deinem Auftrage folgend, legte der Vater das Unterkleid sogleich an, und damit geschmückt begann er die Opferung zwölf stattlicher Stiere. Anfangs betete der Unglückselige, deines schönen Schmuckes froh, voll Heiterkeit. Plötzlich aber, als die Opferglut schon gen Himmel flammte, durchbrach ein heftiger Schweiß seine Haut, das Gewand schien, wie vom Schmied angelötet, an seinen Seiten zu kleben, und ein Zucken fuhr durch sein ganzes Gebein. Als fräße eine Natter an seinem Leibe, schrie der Gequälte brüllend nach Lichas, dem unschuldigen Überbringer deines giftigen Gewandes; dieser kam und wiederholte unbefangen deinen Auftrag; der Vater aber ergriff ihn am Fuße und warf ihn an die Felsen des Meeres, daß er zerschmettert in der aufspritzenden Flut untersank. Das ganze Volk jammerte bei dieser Tat des Wahnsinnes auf, und niemand wagte sich dem rasenden Helden zu nähern. Dieser wälzte sich bald auf dem Boden, bald sprang er heulend wieder empor, daß rings Fels und Waldgebirge widerhallten. Er verfluchte dich und euren Ehebund, der ihm zur Todesqual geworden. Endlich kehrte er sich zu mir und rief. »Söhnlein, wenn du Mitleid mit deinem Vater empfindest, so schiffe mit mir ohne Zögerung fort, daß ich nicht im fremden Lande sterbe!« Auf dieses Verlangen legten wir den Armen in das Schiff, und unter Zuckungen brüllend ist er hier angelangt, und bald wirst du ihn lebendig oder tot vor dir sehen. Das alles ist dein Werk, Mutter. Den allerbesten Helden hast du jämmerlich dahingemordet!«
Deïanira, ohne sich auf diese schreckliche Rede zu rechtfertigen, verließ ihren Sohn Hyllos in schweigender Verzweiflung. Das Hausgesinde, dem sie ihr Geheimnis, den Gatten sich durch des Nessos Zaubersalbe treu zu erhalten, früher anvertraut hatte, belehrte den Knaben, daß sein Jähzorn der Mutter unrecht getan. Er eilte der Unglücklichen nach, aber er kam zu spät. Sie lag im Schlafgemach tot auf dem Lager ihres Gatten ausgestreckt, die Brust mit einem zweischneidigen Schwerte durchbohrt. Der Sohn umarmte jammernd die Leiche und streckte sich dann zu ihrer Seite hin, seine Unbedachtsamkeit beseufzend. Die Ankunft des Vaters im Palaste störte ihn aus dieser kläglichen Ruhe auf. »Sohn«, rief dieser, »Sohn, wo bist du? Zieh doch das Schwert gegen deinen Vater, durchhaue mir den Nacken und heile so die Wut, in welche deine gottlose Mutter mich versetzt hat! Zage nicht, sei mitleidig mit mir, mit einem Helden, der wie ein Mägdlein in Tränen schluchzen muß!« Dann wandte er sich verzweiflungsvoll an die Umstehenden, streckte seine Arme aus und rief. »Kennet ihr diese Glieder, denen das Mark entsaugt ist, noch? Es sind dieselben, die den Schrecken der Hirten, den Nemeischen Löwen, gebändigt, die den Drachen von Lerna erwürgt, die den Erymanthischen Eber erlegen halfen, die den Kerberos aus der Hölle heraufgetragen! Kein Speer, kein wildes Tier des Waldes, kein Gigantenheer hat mich überwältigt; die Hand eines Weibes hat mich vertilgt! Darum, Sohn, töte mich und strafe deine Mutter!«
Aber als Herakles aus dem Munde seines Sohnes Hyllos unter heiligen Beteuerungen erfuhr, daß seine Mutter die unfreiwillige Ursache seines Unglücks gewesen und ihre Unbedachtsamkeit mit dem Selbstmorde gebüßt habe, wandte sich sein Sinn vom Zorn zur Wehmut. Er verlobte seinen Sohn Hyllos mit der gefangenen Jungfrau Iole, die ihm selbst so lieb gewesen war, und da ein Orakel von Delphi gekommen, daß er auf dem Berge Öta, der zum Gebiete von Trachis gehörte, sein Leben beschließen müsse, so ließ er sich, seinen Qualen zum Trotz, auf den Gipfel dieses Berges tragen. Hier ward auf seinen Befehl ein Scheiterhaufen errichtet, auf welchem der kranke Held seinen Platz nahm. Und nun befahl er den Seinigen, den Holzstoß von unten anzuzünden. Aber niemand wollte ihm den traurigen Liebesdienst erweisen. Endlich entschloß sich auf die eindringliche Bitte des von Schmerzen bis zur Verzweiflung gequälten Helden sein Freund Philoktet, ihm den Willen zu tun. Zum Danke für diese Bereitwilligkeit reichte Herakles ihm seine unüberwindlichen Pfeile nebst dem siegreichen Bogen. Sobald der Scheiterhaufen angezündet war, schlugen Blitze vom Himmel darein und beschleunigten die Flammen. Da senkte sich eine Wolke herab auf den Holzstoß und trug den Unsterblichen unter Donnerschlägen zum Olymp empor. Als nun, da der Scheiterhaufen schnell zur Asche verbrannt war, Iolaos und die andern Freunde der Brandstätte sich näherten, die Überbleibsel des Helden zusammenzulesen, fanden sie kein einziges Gebein mehr. Sie konnten auch nicht länger zweifeln, daß Herakles, dem alten Götterspruche zufolge, aus dem Kreise der Menschen in den der Himmlischen versetzt worden sei, brachten ihm ein Totenopfer als einem Heros und weihten ihn so zu einer allmählich von ganz Griechenland verehrten Gottheit ein. Im Himmel empfing den vergötterten Herakles seine Freundin Athene und führte ihn in den Kreis der Unsterblichen. Hera selbst versöhnte sich mit ihm, nachdem er sein sterbliches Geschick vollendet. Sie gab ihm ihre Tochter Hebe, die Göttin der ewigen Jugend, zur Gemahlin, und diese gebar ihm droben im Olymp unsterbliche Kinder.