type | poem |
title | Die Blumen des Bösen |
author | Charles Baudelaire |
translator | Therese Robinson |
publisher | Georg Müller Verlag |
address | München |
year | 1925 |
sender | reuters@abc.de |
created | 20040730 |
pfad | /baudelai/blumen/book.xml |
Navigation:
- Kapitel 89
- Kapitel 1
- Kapitel 2
- Kapitel 3
- Kapitel 4
- Kapitel 5
- Kapitel 6
- Kapitel 7
- Kapitel 8
- Kapitel 9
- Kapitel 10
- Kapitel 11
- Kapitel 12
- Kapitel 13
- Kapitel 14
- Kapitel 15
- Kapitel 16
- Kapitel 17
- Kapitel 18
- Kapitel 19
- Kapitel 20
- Kapitel 21
- Kapitel 22
- Kapitel 23
- Kapitel 24
- Kapitel 25
- Kapitel 26
- Kapitel 27
- Kapitel 28
- Kapitel 29
- Kapitel 30
- Kapitel 31
- Kapitel 32
- Kapitel 33
- Kapitel 34
- Kapitel 35
- Kapitel 36
- Kapitel 37
- Kapitel 38
- Kapitel 39
- Kapitel 40
- Kapitel 41
- Kapitel 42
- Kapitel 43
- Kapitel 44
- Kapitel 45
- Kapitel 46
- Kapitel 47
- Kapitel 48
- Kapitel 49
- Kapitel 50
- Kapitel 51
- Kapitel 52
- Kapitel 53
- Kapitel 54
- Kapitel 55
- Kapitel 56
- Kapitel 57
- Kapitel 58
- Kapitel 59
- Kapitel 60
- Kapitel 61
- Kapitel 62
- Kapitel 63
- Kapitel 64
- Kapitel 65
- Kapitel 66
- Kapitel 67
- Kapitel 68
- Kapitel 69
- Kapitel 70
- Kapitel 71
- Kapitel 72
- Kapitel 73
- Kapitel 74
- Kapitel 75
- Kapitel 76
- Kapitel 77
- Kapitel 78
- Kapitel 79
- Kapitel 80
- Kapitel 81
- Kapitel 82
- Kapitel 83
- Kapitel 84
- Kapitel 85
- Kapitel 86
- Kapitel 87
- Kapitel 88
- Kapitel 89
- Kapitel 90
- Kapitel 91
- Kapitel 92
- Kapitel 93
- Kapitel 94
- Kapitel 95
- Kapitel 96
- Kapitel 97
- Kapitel 98
- Kapitel 99
- Kapitel 100
- Kapitel 101
- Kapitel 102
- Kapitel 103
- Kapitel 104
- Kapitel 105
- Kapitel 106
- Kapitel 107
- Kapitel 108
- Kapitel 109
- Kapitel 110
- Kapitel 111
- Kapitel 112
- Kapitel 113
- Kapitel 114
- Kapitel 115
- Kapitel 116
- Kapitel 117
- Kapitel 118
- Kapitel 119
- Kapitel 120
- Kapitel 121
- Kapitel 122
- Kapitel 123
- Kapitel 124
- Kapitel 125
- Kapitel 126
- Kapitel 127
- Kapitel 128
- Kapitel 129
- Kapitel 130
- Kapitel 131
- Kapitel 132
- Kapitel 133
- Kapitel 134
- Kapitel 135
- Kapitel 136
- Kapitel 137
- Kapitel 138
- Kapitel 139
- Kapitel 140
- Kapitel 141
- Kapitel 142
- Kapitel 143
- Kapitel 144
- Kapitel 145
- Kapitel 146
- Kapitel 147
- Kapitel 148
- Kapitel 149
- Kapitel 150
- Kapitel 151
- Kapitel 152
- Kapitel 153
- Kapitel 154
- Kapitel 155
- Kapitel 156
- Kapitel 157
- Kapitel 158
Die Friedenspfeife
Nach Longfellow
Als Gitche Manito, Herr aller Kreaturen,
Der Mächtige, durchschritt die weiten, grünen Fluren,
Das ungeheure Feld, von Bergesluft umweht,
Da hielt er seinen Schritt am Roten Steinbruch droben.
Beherrschend jeden Raum, von Licht und Glanz umwoben
Stand Gitche Manito, gross und voll Majestät.
Dorthin berief er sie, die Völker aller Lande,
An Zahl den Körnern gleich, den Gräsern und dem Sande.
Mit seiner Schreckenshand brach er ein Felsstück los,
Um eine Pfeife sich gar prächtig herzurichten,
Griff nach dem Bachrand dann, wählt' aus dem Schilf, dem dichtet
Für seine Pfeife sich ein Rohr, das breit und. gross.
Um es zu stopfen, nahm er Bast der Weidenschäfte,
Der Übermächtige, der Schöpfer aller Kräfte,
Hochstehend zündet' dann ein göttlich Feuer er,
Der Friedenspfeife Licht. Und überm Steinbruch droben
Stand er nun rauchend da, von Licht und Glanz umwoben:
Für alle Völker war's ein Zeichen hoch und hehr.
Und langsam, stieg der Rauch, die sanfte Luft durchdringend,
Die süss vom Morgen war, von weichen Düften schwingend.
Erst war's ein leichter Streif, ein zart gewelltes Band
Und dann ein blauer Dampf, der immer dichter quellend
Bald zu verblassen schien, doch steigend, endlos schwellend
Dort oben erst zerbrach am hellen Himmelsrand.
Vom fernsten Gipfel her der wilden Felsenhallen,
Von Nordlands stürmschen Seen, die laut und lärmend schallen,
von Tuscaloosa's Wald, darin die Düfte sprühn,
Bis Tawasenthas Tal, das lieblich ohnegleichen,
Allüberall sah man das ungeheure Zeichen
Friedlich und still hinauf zum roten Morgen glühn.
Und der Propheten Spruch: »Seht ihr den dunstigen Streifen
Wie eine Herrscherhand hinauf zum Himmel greifen,
Wie eine Hand, die sich aus Nacht zur Sonne schwingt?
's ist Gitche Manito, Herr aller Kreaturen,
Sein mächtig Wort ertönt weit über alle Fluren:
'Ich rief euch Krieger her, – hört, was mein Wort euch bringt!'«
Auf wildem Wasserweg, auf sandigen Wüstenstrassen,
Von jeder Seite her, wo die vier Winde blasen,
Zog sie heran, die Schar der Krieger ohne Zahl.
Der grossen Wolke Flug, sie hatten ihn verstanden,
Und folgsam sie sich nun zum Roten Steinbruch fanden,
Wo Gitche Manito, der Herr, sie hinbefahl.
Dort standen sie, wo weit die grünen Flächen schienen,
Gerüstet wie zum Kampf mit krieggewohnten Mienen,
Buntscheckig wie das Laub, drauf Herbstesleuchten ruht.
Und jener Hass, der sie in hundert Schlachten sandte,
Der Hass, der schon im Aug' uralter Ahnen brannte,
Entflammte ihren Blick auch jetzt in böser Glut.
Stumm lag ererbter Hass in Blick und in Gebärde,
Und Gitche Manito, ihr Herr und Herr der Erde,
Sah alle an, sein Blick voll tiefen Mitleids war.
So blickt ein Vater mild in trauervoller Liebe
Auf seiner Kinder streit- und mordbegierige Triebe,
Wie Gitche Manito auf seiner Völker Schar.
Weit streckt' er über sie die ungeheure Rechte,
Zu bändigen ihr Herz und alles Enge, Schlechte,
Zu kühlen ihre Glut im Schatten seiner Hand.
Und seine Stimme klang, ein majestätisch Brausen,
Stürzendem Strome gleich, in dessen mächtigem Sausen
Ein urgewaltiger Klang, ein dunkler Ton gebannt:
»O meine Kinder ihr, Mitleid lässt mich erbeben,
Hört göttliche Vernunft, lenkt euren Sinn hierher!
Ich, Gitche Manito, Herr über Tod und Leben,
Ich bin's, der zu euch spricht, ich, der dem Land gegeben
Renntier und Biber und den Büffel, Fuchs und Bär.
Ich macht' euch leicht die Jagd, Fischfang in Fluss und Seen,
Warum muss denn, o sprecht, der Jäger Mörder sein?
Geflügelt Wild liess ich in Sumpf und Moor erstehen,
Was, Undankbare, fehlt euch noch zum Wohlergehen ?
Was dringt ihr stets mit Hass auf euren Nächsten ein?
Wahrlich, ich hab' sie satt, die wilden Kriegeswerke.
Gebete, Schwüre selbst von euch sind Missetat!
Gefahr umlauert euch, darum ein jeder merke:
Nur in der Einigkeit liegt eure Wucht und Stärke.
Als Brüder lebt hinfort und pflanzt des Friedens Saat!
Aus meinen Händen sei euch ein Prophet beschieden,
Der mit euch leben wird und eure Leiden trägt,
Glück strömt aus seinem Wort und Glanz und einiger Frieden
Misstraut ihr ihm jedoch und seinem Werk hienieden,
Die letzte Stunde dann, verworfne Kinder, schlägt!
Verlöscht denn in der Flut die mörderischen Farben,
Ein jeder suche sich die Pfeife, die er braucht;
Schwerfällig ist der Stein und reich des Schilfes Garben;
Kein Kampf und Streiten mehr, nicht Wunden, Blut und Narben,
Als Brüder lebt hinfort! Die Friedenspfeife raucht!«
Und plötzlich werfen sie die Waffen hin zur Erde
Und spülen schnell im Fluss mit fröhlicher Gebärde
Des Krieges Farben von den Stirnen stolz und kühl.
Die Pfeifen höhlen sie, und jeder pflückt am Strande
Ein langes Schilfrohr sich und schmückt's und schlingt's zum Bande
Und lächelnd schaut der Geist der armen Kinder Spiel.
Ein jeder kehrt beglückt und ruhig zu seinen Fluren,
Und Gitche Manito, Herr aller Kreaturen,
Steigt auf zur Himmelstür, die weit geöffnet steht.
Durch jener Wolke Dunst, die ihn von dort geschieden,
Steigt er, der Mächtige, mit seinem Werk zufrieden,
Erhaben, riesengross, von Glanz und Duft umweht.